
CRONE Berlin
CAROLA DERTNIG
ES IST EH SCHON ALLES DA
Opening: Eröffnung:
Freitag, 15. März 2019 | 19 – 21 Uhr
Exhibition: 16. März – 18. April 2019
Fasanenstraße 29, 10719 Berlin
http://galeriecrone.com/
https://www.facebook.com/events/296071607735981/

Sans Titre, Hut #01, 2019
CAROLA DERTNIG
ES IST EH SCHON ALLES DA
16. März – 18. April 2019
die erste Einzelausstellung der österreichischen Kunstlerin Carola Dertnig in der Berliner Crone Galerie. Unter dem Titel „Es ist eh schon alles da“ werden Foto-, Video- und Textarbeiten gezeigt, die uns die bewußte Zufälligkeit der Dinge vor Augen fuhren – der Dinge, die wir besitzen und die irgendwann von uns Besitzergreifen.
Auf einem Monitor läuft ein kristallklares 4K-Video. Drei Mädchen sitzen in einem perfekt eingerichteten Wohnzimmer. Das strahlende Weiß der Möbel und das helle Sonnenlicht lassen den Raum wie eine digital bearbeitete Werbeaufnahme wirken. „Sitzen im Fernseher“ hört man eine Stimme aus dem Off. Statt in einem realen Wohnzimmer scheinen die Darstellerinnen in ein Fernseh- oder Computerbild eingetaucht zu sein. „Es war, als wären wir Teil einer Serie. Die erste Staffel ein Erfolg“ hört man wieder die Stimme. Das Handy klingelt. Es wird fotografiert, performt, gepost.

Sans Titre, Kleid #01, 2019
Der von Dertnig 2018 realisierte Film spielt im ehemaligen Atelier des legendären Wiener Architekten Otto Wagner (1841 – 1918), in dem später der Maler Friedensreich Hundertwasser arbeitete. Die heutige Bewohnerin hat den runden, kuppelartigen Raum mit verschiedensten Möbel- und Design-Klassikern gefüllt, in deren Mitte sie wie selbstverständlich lebt. Ausgerechnet hier treffen sich nun Vertreterinnen der neuen Millenial- Generation und erproben sich selbst. Wie die Kuratorin Claudia Slanar erklärt, skizziert Dertnig damit eine Lebensrealität „zwischen YouTube und Instagram, zwischen Nachahmung und dem Einfordern eigener Lebensentwürfe“. Die jugendlichen Irrungen im medialen Labyrinth aus Liken, Teilen, Kommentieren werden zur performativen Praxis zwischen Appropriation und Selbstverwirklichung.
Das Performative bildet seit jeher die Grundlage fur Dertnigs Schaffen. Oft ist es ihr eigener Körper, den sie als Ausdrucksmittel, Sujet oder Werkzeug ihrer kunstlerischen Arbeit verwendet. Doch nun beanspruchen andere die Buhne fur sich. Die Mädchen sind nicht bloß Statistinnen in einer fremdgesteuerten Inszenierung. Sie erobern den Raum, werden selbst kreativ und schaffen Skulpturen aus schwarzen und weißen Metallverbundrohren. Dabei greifen sie auf Dertnigs eigene künstlerische Praxis zuruck. Die Skulpturen entstanden im Rahmen ihrer Serie „Felden_Kreis_AM“ als Bewegungsstudien im Baumarkt BAUHAUS und erinnern mit ihrer Ästhetik doch an das zuruckgenommen Möbeldesign der gleichnamigen Kunstschule in Weimar. Einige der Arbeiten werden auch in der Ausstellung gezeigt. So wie die Darstellerinnen selbst Teil einer digitalen Realität zu sein scheinen, so scheint die Skulptur direkt aus dem Film in die dingliche Welt versetzt worden zu sein. Die Grenze zwischen realer und virtueller Wirklichkeit verschwimmt.

Sans Titre, Kleid #04, 2019
Und auch die von den Mädchen getragenen Kleidungsstucke tauchen in der Ausstellung wieder auf. Die auffallende Garderobe bildet einen Störfaktor
im perfekt aufeinander abgestimmten Raumkonzept und schwankt zwischen modischer Extravaganz und absurder Verkleidung. Sie begegnet uns an den Ausstellungswänden in den Fotografien der Serie „Sans Titres“, auf denen Dertnig die Kleidung ihrer Mutter, einer modebewussten Clubbetreiberin und Kosmetikverkäuferin im „Italo-Feministinnen-Look“, abgelichtet hat. Die farbenprächtigen Hüte, Mäntel und Kleider werden auf den Fotos zu Zeitkapseln, in denen mehr steckt als nur eine melancholische Erinnerung.
„Fur Ma Mère war jede Revolution zwingend mit modischem Ausdruck verbunden“, erinnert sich Dertnig. „Kleider machen Leute. Sie zeigen, wer wir sind, wie wir denken, wo wir uns in der Gesellschaft positionieren wollen.“ Das Private ist fur die Kunstlerin immer auch politisch und oft lassen sich die Wirrungen des Lebens erst im Nachhinein entschlusseln.
Der selbstverständlich-revolutionäre Gestus der Mutter klingt auch in einer Textarbeit an, in der Dertnig über eine Begegnung mit Bommi Baumann, dem Mitbegrunder der terroristischen Vereinigung „Bewegung 2. Juni“, berichtet.

Sans Titre, Kleid #05, 2019
Carola Dertnig wurde 1963 in Innsbruck, Österreich geboren. Sie studierte an der Universität fur angewandte Kunst in Wien sowie der École des Beaux Arts Paris. Seit 2006 leitet sie den Fachbereich Performative Kunst an der Akademie der bildenden Künste Wien und war 2008 als Gastprofessorin an der CAL ARTS in Los Angeles tätig. 2006 erschien ihr Buch „Let’s twist again. If you can’t think it, dance it“ – eine Untersuchung der lokalen Performancegeschichte Wiens. Dertnigs Werke wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen in New York, Wien, Paris und Moskau gezeigt. 2004 wurde sie mit einer Einzelausstellung in der Wiener Secession gewurdigt.
Alexander Hattwig

Sans Titre, Hut #02, 2019


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