Rebecca Ann Tess

museum-moderne-kunst-berlin_logo_weiss

Berlinische Galerie
Rebecca Ann Tess
02.03.–28.03.2016
12×12
Der IBB-Videoraum in der Berlinischen Galerie
Landesmuseum für Moderne
Kunst, Fotografie und Architektur
Alte Jakobstraße 124-128
10969 Berlin
Bildschirmfoto 2016-02-28 um 00.45.44.jpg
Rebecca Ann Tess, Home Time Show Time,  HD video, 15min, 2012,
Courtesy the artist and Philipp von Rosen Galerie

 
 
Im IBB-Videoraum werden über den Zeitraum eines Jahres 12 Künstlerinnen und Künstler präsentiert, die durch ihren innovativen Umgang mit den Medien Film und Video aufgefallen sind. Die Reihe wird im März mit Werken von Rebecca Ann Tess fortgesetzt (02.03.–28.03.2016).
In ihrem dreiteiligen Videoprojekt (Dad Dracula is Dead, A Crime must be Committed und Home Time Show Time) setzt sich Rebecca Ann Tess mit stereotypen Charakterdarstellungen der europäischen und US-amerikanischen Film- und Fernsehgeschichte auseinander. Häufig arbeitet sie mit dem Mittel des Reenactments, dem Nachstellen von Szenen bekannter Filme. Sie steht dadurch unter anderem in einer Tradition mit feministischer Performance-Kunst.
Rebecca Ann Tess (*1980 in Annweiler am Trifels) studierte Bildende Kunst an der Universität der Künste, Berlin, dem Chelsea College of Art and Design, London und der HfBK Städelschule Frankfurt/M. Zurzeit unterrichtet sie am Fotografie Department der Chung-Ang Universität in Südkorea. Sie lebt und arbeitet in Berlin und Seoul.
Dad Dracula is Dead, 2009
In Dad Dracula is Dead (2009) untersucht die Künstlerin verschiedene Filme der 1920er- und 1930er-Jahre, wie Dracula‘s Daugther (1936), The Soilers (1923) oder Queen Christina (1933). Sie greift damit auf einen Moment der Kinogeschichte zurück, in dem in Hollywood der „Production Code“ etabliert wurde: Ein Moralkodex, an den sich ab 1930 amerikanische Filmemacher etwa bei der Darstellung von Kriminalität oder Sexualität halten sollten. Mit Hilfe von Laiendarstellerinnen und -darstellern re-inszeniert und verfremdet Rebecca Ann Tess
 
 
 
 
 
 
ausgewählte Szenen und Figuren der historischen Filme. Wiederholungen und neue Interpretationen machen das normierte Verständnis von Geschlechterrollen, Moral und Sittlichkeit sichtbar. Gleichzeitig wird ein queerer Subtext deutlich, durch den es den Filmemachern gelang, bestehende Normen zu unterwandern.
A Crime must be Committed, 2010
In A Crime must be Committed (2010) zitiert und verfremdet Tess genretypische Szenen des Kriminal- und Detektivfilms. Sie greift unter anderem auf den Gangsterfilm der 1920er-Jahre (Underworld, 1927), den Film Noir (The Maltese Falcon, 1941), den Neo-Noir Film (The Detective, 1968), den Kriminalfilm/Thriller (Die Hard, 1988; Shaft, 1971 und 2000) und die zeitgenössische Kriminalfilmserie (CSI, ab 2000) zurück. In wechselnden inhaltlichen Sequenzen vollzieht sie die historische Entwicklung der Figur des Detektivs nach, seine Beziehung zum Kriminellen und die ständig wechselnden Machtverhältnisse zwischen den Charakteren. So sehen wir verschiedene Varianten der alten Geschichte von Räuber und Gendarm. Bei der Besetzung der Rollen durchbricht Tess gezielt die Konventionen und schafft neue Bilder, die das visuelle Vorstellungsvermögen der Zuschauer erweitern.
Home Time Show Time, 2012
Der letzte Teil der Trilogie weitet die Betrachtung auf das heutige Fernsehen aus und nimmt Talkshows, Serien und verschiedene Show-Formate unter die Lupe. Wir sehen eine Gruppe von Freunden, die durch das Fernsehprogramm zappt und dabei über Authentizität und Realitätsnähe bestimmter Sendungen diskutiert. In wiederholten Szenenwechseln erscheinen die gleichen Darsteller in der fiktiven Talkshow TeleMilano. Zwei der Freunde treten als Studiogäste auf. Die übrigen verkörpern abwechselnd die Medienmogule Silvio Berlusconi, Rupert Murdoch und Donald Trump. Im Talkshow-Gespräch wird die Medienkritik des Studiogastes Julia Jung konsequent abgewehrt, um der seichten, selbstreferenziellen Erzählung des zweiten Gastes mehr Raum zu geben. Schließlich stellt sich heraus, dass die diskutierende Freundesgruppe selbst Teil einer Castingshow ist, bei der gerade die besonders kritischen Teilnehmer weiter mitmachen dürfen. Durch diese perfide Taktik scheint eine wirksame Medienkritik nahezu unmöglich: Kritik und Subversion werden aktiv in das TV-Programm integriert, wodurch ihnen jeder Wind aus den Segeln genommen wird.
Orchids, 2008
In Orchids (2008) blickt Helga auf ihre Beziehungsgeschichte zurück und erzählt von ihrer Ehe mit ihrem schwulen Freund. Während die Erzählerin selbst unsichtbar bleibt, wird die persönliche Geschichte visuell begleitet von Found Footage Bildern wie Filmstills, Zeitungsfotografien oder Schnappschüssen. Obwohl die Bilder keinen direkten Bezug zur Protagonistin haben, scheinen sie doch meist eine mehr oder weniger enge Verbildlichung des Textes zu sein. An vielen Stellen entfernen sich die Bildassoziationen jedoch vom Gesprochenen und etablieren eine autonome Erzählung mit einer eigenen Bedeutungsebene. Aus der persönlichen Lebenserfahrung einer 72-jährigen entwickelt sich so unversehens eine grundsätzliche Betrachtung über Liebe, Sexualität, Beziehung, Konvention und Freundschaft.
Der IBB-Videoraum
Im IBB-Videoraum werden über den Zeitraum eines Jahres zwölf Künstlerinnen und Künstler präsentiert, die in den letzten Jahren durch ihren innovativen Umgang mit den Medien Film und Video aufgefallen sind. Dokumentarische Herangehensweisen reihen sich dabei an Strategien, die das Medium hinterfragen und nach neuen Formen der filmischen Erzählung suchen. Auch die Auseinandersetzung mit bildästhetischen Fragen, die Verwendung von Film oder Video zur Aufzeichnung von Performances und Experimente mit audiovisuellen Fragestellungen sind bestimmend für die Werke der eingeladenen Künstler.
Nächste Künstlerin: Isabell Heimerdinger (30.03.–25.04.2016)

 

 

 

 

Leave a comment