St. Virgil Salzburg
Kardinal König Kunstfonds
Preisträgerin des Kardinal König Kunstpreises 2017
KERSTIN VON GABAIN
Der Festakt zur Verleihung
Eröffnung:
Montag, 27. November 2017 | 18 Uhr
Ausstellung mit allen nominierten Künstler/innen
Ernst-Grein-Straße 14
5026 Salzburg
https://www.kardinalkoenig-kunstpreis.at
Portrait Kerstin v. Gabain
Foto: Ismini Adami
Kardinal König Kunstpreises 2017
Der biennal vergebene Preis des Kardinal König Kunstfonds der Erzdiözese Salzburg ist für junge in Österreich und Südtirol lebende Künstler/innen unter 40 Jahren vorgesehen. Er wurde 2005 auf Initiative von Prälat Dr. Johannes Neuhardt in Salzburg ins Leben gerufen und ist mit Euro 11.000.- dotiert.
Einer Fachjury lagen in diesem Jahr Nominierungen von 23 Künstler/innen vor. Der Jury-Empfehlung, das Werk der 1979 in Palo Alto (USA) geborenen, in Wien lebenden Künstlerin Kerstin von Gabain mit dem Preis auszuzeichnen, folgte das Kuratorium des Kardinal König Kunstfonds einstimmig.
Der Mensch heute – ein fragiles Wesen
Ausschlaggebend für die Entscheidung war die aktuelle Thematik, der sich die Künstlerin in besonderer Weise widmet: Die Unversehrtheit der menschlichen Existenz ist nicht selbstverständlich; prekäre Lebenssituationen, Verletzung, Verlust werden von der Künstlerin in Form von wächsernen Gliedmaßen, Kunststoff-Knochenteilen, Bildern von mutierten Konsumgütern visualisiert. Zwischen zuckerlrosa Verführung und erschreckender Irritation changieren die skulpturhaften Objekte und gleichsam museal vorgeführten Versatzstücke aus Kerstin von Gabains plastischem Repertoire. Die prämierte Arbei Das Werk-Ensemble „Symposium on the Dark Ages“ der Preisträgerin Kerstin von Gabain ist eine komplexe künstlerische Arbeit.
Symposium on the Dark Ages
Kerstin von Gabain, Symposium on the Dark Ages, 2017, Ausstellungsansicht Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien, Courtesy: Gabriele Senn Galerie, Foto: Lisa Rastl
– Die Künstlerin bezieht sich mit dem Ensemble auf das um 1504 entstandene
Weltgerichtstriptychon von Hieronymus Bosch.
– Die dreiteilige Tafel befindet sich in der Gemäldegalerie der Akademie der
bildenden Künste in Wien 1 und hier hat die Künstlerin auch die Installation vor
dem „Jüngsten Gericht“-Altar realisiert.
– Sie greift die sakrale Form des Triptychons auf und arrangiert die Objekte auf drei
Tischen mit den Maßen der Altartafeln.
– Die Künstlerin stellt einen Bedeutungsraum her, der die eigene Arbeit als
Reflexion auf das Werk der Kunstgeschichte lesbar macht. Sie greift Boschs
vielfältige Marterszenen, die Folterungen und die Ausgesetztheit der winzigen
Menschenwesen auf und überträgt Gefühle wie Schmerz, Furcht, Todesahnung in
eine eigene Formensprache.
– Wie auf einem Operations- oder Seziertisch – wenn auch in sinnlich-fleischlichem
Rosa – liegen die Wachspräparate von Kerstin von Gabain. Knochenschnitte und
im Mark gespeicherte Erbsubstanz sind die Assoziationen zu den künstlichen
Versatzstücken, zu den wie heraussezierten Relikten menschlicher Existenz.
– So wie Hieronymus Bosch aus dem dunklen Mittelalter in die Zeit von
Humanismus und Wissenschaft vorausweist, so spielt Kerstin von Gabain mit
dem inszenierten Dialog, der Idee eines „Symposiums“, eines Zusammentreffens,
auf dunkle, unbewusste Gefühls- und Angstwelten im heutigen Individuum an –
virulente Themen angesichts der Konfrontation mit Ersatzteilmedizin,
Genforschung, geklonten Kunstwesen und geraubter Identität.
1 Ab 8.11. 2017 für voraussichtl. 3 Jahre sind Hauptwerke der Gemäldegalerie wegen Renovierungsarbeiten am Akademiegebäude im Theatermuseum Wien zu Gast, darunter auch das „Jüngste Gericht“ von H.Bosch
Detail zu Symposium on the Dark Ages
Kerstin von Gabain, Avocado-Arm, 2017, Wachs, 12 x 11 x 7 cm (Detail), Courtesy: Gabriele Senn Galerie, Foto: Kerstin v. Gabain
Präsentation aller eingereichten Werke Neben der Vergabe des Preises ermöglicht der Kardinal König Kunstfonds auch die Präsentation der eingereichten Arbeiten aller nominierten Künstler/innen (Jahrgang 1973 und jünger) in einer begleitenden Ausstellung. Damit wird ein maßgeblicher Beitrag geleistet, die jüngere österreichische Kunstszene in einem breiten Querschnitt vorzustellen und das Spektrum auszuleuchten, aus dem die ausgezeichnete Position der Preisträgerin ermittelt wurde.
Der Festakt zur Preisverleihung findet traditionellerweise am 27. November (dem Gedenktag des Hl. Virgil von Salzburg) in St. Virgil statt. Zeitgleich wird die Ausstellung
eröffnet, die bis zum 2. Februar 2018 zu sehen ist. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog
(Müry Salzmann Verlag), der ebenfalls im Rahmen des Festakts präsentiert wird.
Ermöglicht wurde der Katalog durch die Unterstützung der Deutschen Bank und Würth
Österreich.
Nominierte Künstler/innen 2017
Eva Beierheimer, Anna-Sophie Berger, Anna-Maria Bogner, Judith Fegerl, Kerstin von
Gabain, Julia Gaisbacher, Nilbar Güreş, Benjamin Hirte, Jochen Höller, Krõõt Juurak,
Isabella Kohlhuber, Angelika Loderer, Christoph Meier, Stefanie Moshammer, Ute
Müller, Simona Obholzer, Bernd Oppl, Michael Part, Anja Ronacher, Christian Rosa,
Barbis Ruder, Anne Speier, Addie Wagenknecht
Die Jury 2017
Dr. Rainer Fuchs (Chefkurator mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien), MMag. Alois Kölbl (Redakteur der Zeitschrift Kunst und Kirche, Graz), MMMag. Hubert Nitsch (Kunstreferent und Diözesankonservator, Linz; Kurator im Kunstraum St. Virgil, Salzburg), Dir. Dr. Angelika Nollert (Die Neue Sammlung – The Design Museum,
München), Dr. Margit Zuckriegl (Kunsthistorikerin und Ausstellungskuratorin,
Salzburg/Wien)
Begründung der Jury
Die Jury würdigt mit dem Werk von Kerstin von Gabain eine komplexe künstlerische
Position, die von der Integrität und Bedrohtheit von Körpern, Menschen und Objekten
handelt. Ihren Objekten und Fotografien verleiht die Künstlerin einen ambivalenten
Charakter zwischen Verletztheit und Verführung, zwischen ansprechender
Ästhetisierung und abgründiger Irritation. Sie gestaltet Installationen und Ensembles, mit denen sie motivische Bezüge zur Kunst- und Wissenschaftsgeschichte freilegt. Wachsabgüsse und Gipsbandagen geben u.a. Körperteile, Möbelstücke, Knochenquerschnitte wider und lösen beim Betrachter Gefühle zwischen Unbehagen und Faszination aus. Mit ihren Artefakten bezieht sie sich neben medizinischen Präparaten und Designobjekten auch auf Konsumartikel, Reliquien und
Votivgaben, um damit aktuelle gesellschaftspolitische und existenzielle Fragestellungen
zu berühren. Ihre Vermenschlichung von Gegenständen verweist zugleich auf die pure
Materialität und Hinfälligkeit alles Menschlichen und Organischen.
Kerstin von Gabain deutet Bild-Traditionen radikal um; sie spielt auf den Objekt- und
Fetischcharakter von musealen Exponaten ebenso an wie auf den manipulativen
Charakter von Ausstellungen
Kerstin von Gabain, geb. 1979 in Palo Alto, USA, studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien (1998 – 2003). Sie arbeitet insbesondere mit Fotografie und Skulptur, und ihre Werke waren u. a. in Museen wie dem 21er Haus, Wien (2016), der Kunsthalle Wien (2015), der Secession (2014) und dem MAK Wien (2014) zu sehen. Vertreten wird die Künstlerin von der Gabriele Senn Galerie Wien.
Kerstin von Gabain lebt und arbeitet in Wien.
